Sicherheitsabrede

Von Dr. Björn Kupczyk, LL.M.

Die Leistung einer Sicherheit setzt sowohl nach BGB als auch nach § 17 VOB/B voraus, dass sich die Bauvertragsparteien über eine entsprechende Verpflichtung zur Stellung einer Sicherheit vertraglich geeinigt haben. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 232 Abs. 1 BGB, welcher eine Sicherheitsleistung zwar nicht als solche anordnet, sondern lediglich Regelungen dafür vorsieht, in welcher Art und Weise eine angeordnete oder vereinbarte – allerdings nicht näher bestimmte – Sicherheit zu leisten ist. Aus § 17 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B, der eine vertragliche und weitergehende Ausgestaltung der §§ 232-240 BGB enthält, ergibt sich ebenfalls, dass eine Sicherheitsleistung zwischen den Bauvertragsparteien vereinbart sein muss. Das bedeutet, dass die bloße Vereinbarung der VOB/B als Ganzes nicht zwangsläufig dazu führt, dass sich die Bauvertragsparteien über die Stellung einer Sicherheit verständigt haben. Auch wenn die Leistung einer Sicherheit üblich ist, kann man weder von einem Gewohnheitsrecht oder einem Handelsbrauch ausgehen, aufgrund dessen der Auftraggeber eine Sicherheitsleistung beanspruchen kann. Bei einem Bauvertrag unter Einbeziehung der VOB/B ergibt sich ohne weitergehende Sicherheitsabrede lediglich aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 VOB/B, dass der Auftraggeber eine Sicherheit bzw. nach seiner Wahl Eigentumsübertragung verlangen kann, wenn der Auftragnehmer Abschlagszahlungen für angefertigte und bereit gestellte Bauteile oder auf der Baustelle angelieferte Stoffe und Bauteile verlangt. Eine Sicherheitsabrede gemäß § 17 VOB/B geht allerdings in aller Regel über die Sicherheitsleistungen aus § 16 VOB/B hinaus.

Vor diesem Hintergrund sollte eine Sicherungsabrede immer gesondert und ausdrücklich vereinbart werden. Derartige Sicherheitsvereinbarungen finden sich üblicherweise in den Besonderen und Zusätzlichen Vertragsbedingungen des Auftraggebers bzw. den Vertragsbestimmungen als solche. Sicherungsabreden sind vor diesem Hintergrund grundsätzlich als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen und unterliegen daher einer entsprechenden Inhaltskontrolle.

Ohne eine ausdrückliche Sicherheitsabrede im Bauvertrag ist es ungeachtet dessen durchaus möglich, dass sich die Parteien nach Vertragsschluss konkludent auf eine Sicherheitsleistung verständigen. Bringt ein Auftragnehmer in seiner Schlussrechnung von sich aus einen Sicherheitseinbehalt zu Gunsten des Auftraggebers in Abzug und akzeptiert der Auftraggeber dies bei der Schlussrechnungsprüfung, indem er den (hier: 5 %-igen) Sicherheitseinbehalt nicht auszahlt, haben die Bauvertragsparteien dadurch eine im Bauvertrag vereinbarte Sicherheitsleistung nach Vertragsschluss stillschweigend vereinbart[1]. Aus dem vom Auftragnehmer von sich selbst vorgenommenen Abzug für einen Sicherheitseinbehalt ergibt sich dessen Angebot, welches der Auftraggeber konkludent angenommen hat. Für den umgekehrten Fall ergibt sich dies allerdings nicht. Nimmt ein Auftraggeber ohne Vereinbarung einer entsprechenden Sicherheitsleistung einen Sicherheitseinbehalt auf Abschlagsrechnungen oder die Schlussrechnung des Auftragnehmers vor, kann aus einem Schweigen des Auftragnehmers nicht darauf geschlossen werden, dass sich die Parteien auf eine im Bauvertrag nicht vereinbarte Sicherheitsleistung verständigt haben. Aufgrund der Vertragsfreiheit ist es selbstverständlich auch möglich, dass sich die Bauvertragsparteien nach Vertragsschluss über eine zu leistende Sicherheit verständigen, die im ursprünglich geschlossenen Vertrag nicht enthalten bzw. vorgesehen war[2].

Eine Ausnahme von der Vereinbarung einer ausdrücklichen Sicherheitsabrede findet sich im Verbraucherbauvertrag. Gemäß § 650m BGB muss der Auftragnehmer dem Verbraucher als Bauherren bei der ersten Abschlagszahlung eine Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Werks ohne wesentliche Mängel in Höhe von 5 % der vereinbarten Gesamtvergütung leisten. Dieser gesetzliche Anspruch gilt auch ohne ausdrückliche Vereinbarung einer Sicherheitsvereinbarung. Stellt der Auftragnehmer eine derartige Sicherheit nicht, hat dies allerdings nach einer Auffassung lediglich ein Zurückbehaltungsrecht des Auftraggebers (d.h. des Verbrauchers) zur Folge. Es ist streitig, ob der Verbraucher einen einklagbaren Anspruch auf Stellung der Sicherheit hat[3]. Gegen einen einklagbaren Anspruch auf Sicherheitsleistung wird insoweit vorgebracht, dass der Verbraucher durch sein Leistungsverweigerungsrecht ausreichend geschützt ist. Auch der Wortlaut der Regelung, dass der Auftragnehmer dem Verbraucher Sicherheit zu „leisten“ hat – der Besteller also Sicherheit nicht „verlangen“ kann – spricht nach dieser Auffassung dafür, dass die Stellung der Sicherheit eher eine Obliegenheit des Auftragnehmers als einen Anspruch des Verbrauchers darstellt. Ob diese Auffassung vor dem Hintergrund des Verbraucherschutzes in Zukunft weiter aufrechterhalten werden kann, bleibt abzuwarten. Jedenfalls steht dem Verbraucher ein Leistungsverweigerungsrecht zu, welches auf die einfache Höhe der Sicherheitsleistung selbst begrenzt sein dürfte und einen Druckzuschlag nicht beinhaltet.

§ 632a Abs. 1 S. 6 BGB sieht einen Sicherheitsanspruch des Unternehmers vor, soweit dieser eine Abschlagszahlung hinsichtlich der für die Werkleistung erforderlichen Stoffe oder Bauteile verlangt. Der Besteller muss nur dann Abschlagszahlungen für Stoffe oder Bauteile leisten, die noch nicht endgültig erbracht sind, wenn der Unternehmer ihm zuvor eine Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistung erfolgt entweder durch die Übertragung des Eigentumsan den Stoffen oder Bauteilen oder durch Stellung einer Sicherheit nach Wahl des Unternehmers.


[1] KG, IBR 2010, 620

[2] Vgl. OLG Frankfurt a.M.. BeckRS 2014, 7820.

[3] Gegen einen einklagbaren Anspruch bspw. v. Rintelen, in: Kniffka, ibrOK Bauvertragsrecht, § 632a Rn 134; Wellensiek, in: BeckOK Bauvertragsrecht, § 650m Rn. 23a; für einen einklagbaren Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Aufl. 2018, § 650m Rn. 22; Pause, BauR 2009, 896.

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