Sicherheitsleistungen für die Vertragserfüllung (Sicherungszweck)

Von Dr. Björn Kupczyk, LL.M.

Vereinbaren die Parteien eine Sicherheitsleistung für die Vertragserfüllung, kann davon ausgegangen werden, dass eine Sicherheit für Mängelansprüche hiervon nicht abgedeckt ist[1]. Schließlich werden im Bauwesen Vertragserfüllungsbürgschaft und Mängelansprüchebürgschaft klar unterschieden. Durch die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft kann nicht zugleich auf eine Mängelansprüchebürgschaft geschlossen werden, obwohl die Gewährleistung rechtsdogmatisch noch zur Erfüllung gehört. Gleichwohl wird im Rahmen von Vertragserfüllungssicherheiten die Meinung vertreten, dass diese auch Mängelansprüche einbeziehen kann. Es kommt dabei auf den üblichen Sprachgebrauch im Rechtsverkehr an. Die Sicherungsabrede bedarf einer verständigen Auslegung, wenn sich aus dem Wortlaut selbst nicht ergibt, ob Vertragserfüllungs- und gleichzeitig auch Mängelansprüche abgedeckt sein sollen.  Da grundsätzlich zwischen Vertragserfüllungsbürgschaft und Mängelansprüchebürgschaft klar differenziert wird, deckt eine Vertragserfüllungsbürgschaft nach objektiven Erklärungswert lediglich den Leistungsbereich und nicht auch das Gewährleistungsstadium ab. Von einer Bürgschaft soll nur diejenige Hauptschuld erfasst sein, die sich aus der Bürgschaftsurkunde klar und eindeutig ergibt, oder die sich aus den Vertragsumständen unter Heranziehung weiterer Umstände ermitteln lässt. Ergibt sich aus der Sicherungsabrede, dass eine vom Auftragnehmer zu stellende Vertragserfüllungssicherheit zu einem späteren Zeitpunkt – bspw. bei Abnahme – durch eine Mängelansprüchesicherheit ersetzt werden soll, ergibt eine Auslegung der Vertragserfüllungssicherheit, dass diese Mängelansprüche nicht abdeckt.[2] Gleichermaßen liegt eine Vertragserfüllungssicherheit nur dann vor, wenn diese bis zur Abnahme befristet ist[3].

Bleibt eine vom Auftragnehmer zu stellende Bürgschaft hinter der Sicherungsabrede zurück, kann der Auftraggeber diese als nicht vertragsgemäß zurückweisen. Der Auftraggeber kann sich insoweit auf die zwischen den Parteien vereinbarte Sicherungsabrede berufen und auf deren Einhaltung hinwirken. Geht demgegenüber die vom Auftragnehmer gestellte Bürgschaft über die Sicherungsabrede hinaus, bestimmt die Sicherungsabrede, wann der Auftraggeber die Sicherung ziehen darf. Im Verhältnis des Auftraggebers zum Bürgen ist dann aufgrund der unterschiedlichen Vertragsverhältnisse zu prüfen, ob ein Zahlungsanspruch aufgrund der über die Sicherungsabrede hinausgehenden Bürgschaft tatsächlich besteht.

Von einer Vertragserfüllungssicherheit können u.a. Ansprüche auf termingerichte Erfüllung abgesichert werden. Die Vertragserfüllungssicherheit umfasst dann insbesondere Verzugsschäden des Auftraggebers. Haben die Bauvertragsparteien zur Realisierung des Bauvorhabens Zwischentermine und/oder einen Fertigstellungstermin vereinbart und sind diese Termine gleichzeitig vertragsstrafenbewehrt, kann die Vertragserfüllungssicherheit bei entsprechender Vereinbarung auch die Zahlung der Vertragsstrafen abdecken[4].  Eine Bürgschaft für die Ausführung aller in einem Bauvertrag übernommenen Verpflichtungen des Auftragnehmers umfasst auch einen Anspruch des Auftraggebers auf eine Vertragsstrafe, wenn der Auftragnehmer sich nicht lediglich zur Ausführung bestimmter Baumaßnahmen, sondern auch zur Einhaltung fester Termine unter Versprechen einer Vertragsstrafe bei deren Nichteinhaltung verpflichtet hat.

Eine Vertragserfüllungsbürgschaft sichert Ansprüche des Auftraggebers wegen nicht ordnungsgemäß erbrachter Leistungen des Auftragnehmers im Erfüllungsstadium ab. Denkbar sind hier u.a. auch Schadensersatzansprüche des Auftraggebers, die nach einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung oder einer Kündigung des Vertrags entstehen. Insoweit deckt kann eine Vertragserfüllungsbürgschaft auch kündigungsbedingte Mehrkosten umfassen.

Es stellt sich die Frage, ob eine Vertragserfüllungssicherheit auch Ansprüche aus dem Vergütungsbereich abdeckt. Dem Auftraggeber können Rückzahlungsansprüche bspw. wegen einer nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung aber auch wegen einer Überzahlung entstehen. Sofern von einer vertraglichen Nichterfüllung auszugehen ist, ist der insoweit entstehende Rückzahlungsanspruch von der Vertragserfüllungssicherheit abgedeckt. Anders sieht dies bei Rückzahlungen aufgrund Überzahlungen aus, soweit dies von der Sicherungsabrede nicht umfasst ist. Denn Überzahlungsansprüche des Auftraggebers, bei denen es sich im Übrigen um vertragliche Rückzahlungsansprüche und nicht um bereicherungsrechtliche Ansprüche handelt[5], resultieren nicht aus einer vertragswidrigen Leistungserbringung. Vertragliche Überzahlungsansprüche sind vor diesem Hintergrund nur dann von einer Vertragserfüllungssicherheit abgedeckt, wenn die Bauvertragsparteien im Rahmen der Sicherungsabrede insoweit eine klare und unmissverständliche Regelung getroffen haben, dass die Rückzahlung von Überzahlungen vom Sicherungszweck umfasst sind.

Eine Vertragserfüllungssicherheit kann darüber hinaus Ansprüche des Auftraggebers gemäß § 14 AEntG und § 28a Abs. 3a und 4 SGB IV umfassen. Da es sich hierbei allerdings nicht unmittelbar um Ansprüche des Auftraggebers aus dem Vertragserfüllungsstadium handelt, muss im Rahmen der Sicherungsabrede der Sicherungszweck auf die Abdeckung derartiger Ansprüche ausgedehnt sein.

Bei einem Verstoß gegen § 14 AEntG kann ein Arbeitnehmer sowohl den Auftraggeber seines Arbeitgebers als auch jeden in der Subunternehmerkette über diesem stehenden gewerblichen Unternehmer auf die Zahlung der Mindestentgelte in Anspruch nehmen. Der in Anspruch genommene Unternehmer kann im Anschluss daran seinen unmittelbaren Auftragnehmer in Regress nehmen. Ein Auftraggeber sollte im Rahmen eines Bauvertrags also sicherstellen, dass sowohl sein Vertragspartner als auch dessen Subunternehmer sich verpflichten, ihre Mitarbeiter auf Basis der jeweils geltenden Mindestlöhne zu vergüten. Den Auftraggeber trifft über § 14 AEntG ansonsten eine bürgenähnliche Haftung. Eine vergleichbare bürgenähnliche Haftung trifft den Auftraggeber, wenn der Auftragnehmer oder dessen Subunternehmer Beiträge zur Unfall- und Sozialversicherung nicht abführen, vgl. § 28a Abs. 3a und 4 SGB IV.

Der Auftraggeber kann die gegen ihn drohenden Ansprüche aus § 14 AEntG und § 28a Abs. 3a und 4 SGB IV im Rahmen einer vom Auftragnehmer beizubringenden Vertragserfüllungsbürgschaft absichern. Denn auch hier gilt, dass ohne vorherige vertragliche Absprache keine Verpflichtung entsteht, eine bestimmte Sicherheit zu leisten.


[1] Streitig: OLG Karlsruhe, NJW-RR 1998, 533; a.A. wohl OLG Brandenburg, BauR 2002, 127.

[2] BGH, NJW 2003, 352.

[3] OLG Frankfurt a.M. IBR 2005, 482.

[4] Vgl. BGH, NJW-RR 1990, 811.

[5] BGH, NJW 1999, 1867.

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