Von Dr. Björn Kupczyk, LL.M.
Bei
der Durchführung von einfachen und komplexen Bauvorhaben gehen sowohl der
Bauherr als Besteller als auch das ausführenden Unternehmen bzw. dessen
Nachunternehmer erhebliche wirtschaftliche Risiken ein. Das wirtschaftliche
Risiko liegt insbesondere darin, dass die Bauvertragsparteien – wie bei jedem
wechselseitigen Vertragsverhältnis – das Insolvenzrisiko der jeweils anderen
Partei tragen. Im gewerblichen Hochbau hatten sich die Bauinvestitionen seit
Beginn der 1990er Jahre bis 2005 stark rückläufig entwickelt. Im Baugewerbe
meldeten in den Jahren zwischen 2002 und 2005 durchschnittlich 8.570
Unternehmen pro Jahr Insolvenz an.[1]
Damit einhergehend war ein erheblicher Rückgang der Erwerbstätigen in
Deutschland verbunden. Nach einer kurzen Phase der Wiederbelebung der
Bauwirtschaft im Jahr 2006 brachen die Investitionen dann im Zuge der Weltwirtschafts-
und Finanzmarktkrise im Jahr 2009, die durch das Platzen einer
Immobilienpreis-Blase insbesondere in den USA ausgelöst wurde, wieder ein.
Aufgrund der Finanzkrise beginnend ab Herbst 2009 konnte ein erheblicher
Einbruch der wirtschaftlichen Leistungskraft festgestellt werden. Im Jahr 2009
kam es – im Vergleich zum Vorjahr – zu einem Rückgang von -3,4 % beim
Wohnungsbau und von -6,3 % beim gewerblichen Hochbau. Durch
arbeitsmarktpolitische Maßnahmen (bspw. Kurzarbeitergeld) kam es im Baugewerbe
in der Zeit nach der Finanzkrise allerdings nicht zu einem Rückgang der
Erwerbstätigkeit.[2]
Ursachen
für die seinerzeitigen hohen Zahlen der angemeldeten Insolvenzen in der
Bauwirtschaft waren u.a. mangelhafte Qualität der Bausubstanzen, Mängel im
Rahmen der Bauabwicklung als solches, Ausfall von Forderungen, fehlendes
Eigenkapital und eine durchaus als schlecht zu bezeichnende Zahlungsmoral der
Auftraggeber. Der Gesetzgeber versuchte im Jahr 2000 mit dem Gesetz zur
Beschleunigung fälliger Zahlungen, das am 1. Mai 2000 in Kraft getreten ist,
entgegenzuwirken. In der Bauwirtschaft konnten insoweit allerdings keine
nennenswerten positiven Effekte erzielt werden. Auch mit dem
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, das am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist,
gab es – mit Ausnahme der Anhebung des Verzugszinssatzes für Entgeltforderungen
von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz (seit dem 22. Juli 2014 für danach
abgeschlossene Verträge 9 %-Punkte über dem Basiszinssatz) – keine
nennenswerten Veränderungen.
Mit
dem Forderungssicherungsgesetz vom 23. Oktober 2008, das für nach dem 1. Januar
2009 geschlossene Verträge gilt, wurde zu Gunsten der Bauunternehmen die
Abschlagszahlungsregel in § 632a BGB a.F. angepasst und verbessert.
Gleichzeitig wurde § 648a BGB a.F. dahingehend abgeändert, dass die
Bauhandwerkersicherung im Klagewege durchgesetzt werden konnte, während die
Vorgängerfassungen lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers
bei Nichtleistung der Bauhandwerkersicherung vorsahen.
Aktuell
sieht die konjunkturelle Lage in der Bauwirtschaft dagegen durchaus positiv
aus. Im Jahr 2016 stiegen die Bauinvestitionen gegenüber dem Vorjahr um 2,8 %.
Der Wohnungsbau konnte ein Plus von ca. 4,0 % und der öffentliche Bau ein
Wachstum von ca. 2,3 % gegenüber dem Vorjahr verzeichnen.[3]
Ungeachtet
der positiven Bewertungen der letzten Jahre deutet sich konjunkturbedingt ein
möglicher Wachstumsrückgang an. So ist bspw. im Jahr 2017 die Zahl der
genehmigten Wohnungsbauten im ersten Quartal des Jahres – wenn auch von einem
derzeit hohen Niveau – erstmals seit dem Jahr 2002 gesunken, und zwar um -6,6 %
gegenüber dem Vorjahr. Aufgrund der aktuellen Immobilienpreisentwicklung –
insbesondere in den Ballungszentren – und die erhöhte Nachfrage nach Wohnraum,
dürfte sich der Wohnungsmarkt – insbesondere der Wohnungsneubau – allerdings
auch zukünftig positiv entwickeln.
Diese
tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten haben in der Bauwirtschaft stets
dazu geführt, Sicherheiten für die am Bau beteiligten Vertragsparteien auf
anderem Wege zu gewährleisten. Dies erfolgt letztendlich immer vor dem
Hintergrund, das wechselseitige Insolvenzrisiko abzufedern.
[1]
Angele/von Kamainsky, Insolvenzen
2005, Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 2006, 351 ff.
[2]
Mai/Schwahn, Bauwirtschaft –
konjunkturelle Entwicklungen der letzten 25 Jahre im Fokus der Statistik,
VDI-Bautechnik, Jahresausgabe 2017/2018.
[3]
Mai/Schwahn, aaO.